Oktober 2013

September 2013

Schon die ersten Tage in meinem Projekt, dem „Mémorial du Camp de Rivesaltes“, in Perpignan Mitte September gefielen mir sehr gut. Meine Kollegen haben mich nett empfangen sowie ins Team aufgenommen und ich bekam von Anfang an eigene Aufgaben zugeteilt. Natürlich gehörten dazu zunächst einmal viele Texte und Bücher, die ich zu lesen hatte, um mehr über die lange Geschichte des Camp de Rivesaltes zu lernen. Doch darüber hinaus fing ich bereits kurz nach meiner Ankunft an, täglich kleine Texte aus einer Chronologie des Lagers zu übersetzen, die dann auf der deutschen Facebook-Seite des Mémorials veröffentlicht wurden. Diese Seite hatte mein Vorgänger am Ende seines Dienstes aufgebaut – ich führe sie nun weiter und versuche unter anderem, sie (und somit das gesamte Projekt) in Deutschland bekannter zu machen: Mémorial_Rivesaltes_Facebook. Auch bekam ich bald den Auftrag, eine Art Register mit Informationen über alle Gedenkstätten in Deutschland zu erstellen und ein Gespräch mit einem Zeitzeugen zu transkribieren, das heißt, wörtlich inklusive aller Fehler, Pausen oder Seufzer niederzuschreiben.

Abgesehen von all dieser vom Schreibtisch aus zu erledigenden Arbeit hatte ich schon mehrfach die Gelegenheit, auf das Gelände des ehemaligen Lagers zu fahren und dort verschiedene interessante Leute zu treffen. Beispielsweise besuchte die im Jahr 1941 in Rivesaltes internierte Feo Madar (geb. Oppenheimer) zusammen mit ihrem Bruder sowie dessen Kindern und einer deutschen Bekannten das ehemalige Lager. Schon vor dem Besuch recherchierte ich über die Familie und sichtete zum Beispiel in den Archiven des Departements die offiziellen Internierten-Karteikarten der Familienmitglieder, von denen zwei – die Eltern von Feo – später aus Rivesaltes über Drancy nach Ausschwitz deportiert wurden. Diese Recherchen und umso mehr das Treffen mit der Familie Oppenheimer selbst waren schließlich eine sehr spannende und interessante Erfahrung für mich – ebenso wie die Gespräche, die ich bereits mit zwei weiteren Zeitzeugen führen konnte.

Hinzu kam der Besuch einer deutschen Schülergruppe, die ich ebenfalls im Oktober über das ehemalige Lagergelände führen konnte. Im November beginnen dann die regulären Führungen für Schulklassen aus der Umgebung, von denen ich auch einige selbst übernehmen werde und mich deshalb momentan darauf vorbereite, zum Beispiel indem ich einen Ordner mit Lagerbildern erstelle.

Alles in allem bin ich mit meiner neuen Arbeit sehr zufrieden, obwohl ich ursprünglich auf gar keinen Fall in der „historischen Bildung“ – meinem jetzigen Projektbereich – arbeiten wollte und mich auch auf dem ASF-Info- und Auswahlseminar zwar für Frankreich, nicht jedoch für das Mémorial du Camp de Rivesaltes beworben hatte. Umso überraschter war ich daher, ausgerechnet für dieses Projekt ausgewählt worden zu sein und umso glücklicher bin ich nun, dass diese Platzierung so gut passt.
Abgesehen von der Arbeit habe ich mich in Frankreich mittlerweile ebenfalls gut eingelebt. So meldete ich mich unter anderem in einem Tennisklub an und lernte auch schon einige Gleichaltrige kennen, von denen der Großteil an der Universität in Perpignan studiert.

Darüber hinaus bekam ich von der wunderschönen Region rund um meinen neuen Wohnort bereits einiges zu sehen. Insbesondere nach meiner Ankunft war das Wetter noch sommerlich warm, sodass ich einige Tage lang Strand und Meer genießen konnte. Und was mir auch erst kürzlich auffiel: Das letzte Mal, dass ich durch den Regen wirklich nass geworden bin, war während der Orientierungstage in Paris – zwar gab es in Perpignan gelegentlich Schauer oder Gewitter, aber häufig nur in der Nacht oder so schwach, dass einen das fast nicht stört. Was das Wetter betrifft, vermisse ich Deutschland somit ganz und gar nicht!