Was meine Arbeit im Mémorial betrifft, gibt es aus den zwei vergangenen Monaten eher wenig zu berichten. Ich habe viele Führungen gegeben und hatte verschiedene Kleinigkeiten im Büro zu erledigen.

Im April war ich eine Woche abwesend, weil das dritte Seminar für die Frankreich-Freiwilligen stattfand – diesmal im winzigen Bergdorf Marcevol, unweit von Perpignan und somit ganz in meiner Nähe. 

Das Seminar hat mir sehr gut gefallen und war gleich in mehreren Punkten anders als die vorherigen: Erstens aufgrund des Ortes, denn bei unserer Herberge handelte es sich um eine alte Klosterkirche, von der man einen fantastischen Blick auf das darunter gelegene Tal und den Canigou (ein bekannter Berg des Departements) hat. Zweitens kamen während dieser Woche nicht nur wir deutschen Frankreich-Freiwilligen zusammen, sondern wir waren gemischt mit einer Gruppe französischer Volontäre aus Saint-Etienne. Im Vordergrund des Seminars standen somit auch der interkulturelle und sprachliche Austausch. Während der fünf Tage machten wir neben einigen eher thematisch ausgerichteten Programmpunkten auch zwei Ausflüge, von denen der erste meinen Projektort, das Camp de Rivesaltes, zum Ziel hatte. Dort führte ich die anderen über das Lagergelände und erzählte von meiner Arbeit im Mémorial. Das machte mir außerordentlich Spaß, weil die gestellten Frage und der entstehende Austausch auf einem anderen Niveau waren, als sonst mit Schulklassen. Der zweite Ausflug führte uns ins etwas weiter südlich, direkt an der Küste gelegene Banyuls-sur-Mer. Von dort aus wanderten wir den etwa fünfstündigen Weg nach Portbou in Spanien, auf dem der deutsche Philosoph Walter Benjamin 1940 über die Grenze geflohen ist. Wie auch an den anderen Tagen des Seminars profitierten wir bei der Wanderung vom wunderschönen Wetter und konnten somit, oben an der Grenze angekommen, die herrliche Aussicht auf die französische und spanische Küste genießen. Insgesamt verbrachte ich eine sehr schöne Woche und lernte einiges Neues kennen, obwohl das Seminar in meiner Region stattfand.

Nur weniger Tage später fuhr ich gleich noch einmal weg, um mit zwei Kollegen in Gurs (Departement Pyrénées-Atlantiques) an der Feier zum Nationalen Gedenktag der Deportation teilzunehmen. In diesem winzigen Ort im französischen Baskenland bestand ab 1939 ein Internierungslager, in dem zunächst spanische Flüchtlinge und später neben anderen auch ausländische Juden festgehalten wurden. Weil viele von ihnen aus Baden, der Pfalz und dem Saarland nach Gurs deportiert worden sind – unter ihnen war auch Paul Niedermann, den ich bereits in vorherigen Texten erwähnte –, kam auch eine große deutsche Delegation zur Gedenkfeier am 27. April. Die Reise gab mir zudem die Gelegenheit, auch diesen Ort eines ehemaligen Lagers kennenzulernen und dabei festzustellen, wie anders Gurs im Vergleich zu Rivesaltes heute aussieht. Denn wo früher die unzähligen Baracken für die Internierten standen, befindet sich heute Wald und man erfährt nur durch zahlreiche Informationstafeln über die Geschichte des Ortes. Mir wurde dabei der Gegensatz zum Lager von Rivesaltes sehr deutlich, wo nach wie vor eine Vielzahl an Barackenresten und sonstigen Überbleibseln sichtbar ist. Auf dem Rückweg machten wir außerdem Halt in Toulouse und besuchten dort das Museum der Résistance und der Deportation.