Februar 2014

Die Hälfte meines Freiwilligendienstes in Frankreich ist nun vorbei – Zeit also, um ein erstes Zwischenresümee zu ziehen. Insgesamt fällt dieses zweifellos sehr positiv aus: ich fühle mich wohl in Perpignan, habe meist Spaß an der Arbeit und bin überzeugt, während des Jahres eine Vielzahl an wertvollen Erfahrungen zu sammeln.

Eine meiner Hauptaufgaben, die Führungen auf dem ehemaligen Lagergelände, sind weiterhin meine liebste Tätigkeit. Ich habe jedes Mal große Freude daran, den Schülerinnen und Schülern die Geschichte des Ortes zu erzählen und mich dabei mit ihnen auszutauschen. Zudem sind alle Führungen unterschiedlich, da ich mich stets an die verfügbare Zeit und manchmal die von Lehrern gewünschten Schwerpunkte anzupassen habe.

Bei meiner Arbeit im Büro habe ich neben einigen festen Aufgaben (Übersetzungen, Transkription, etc.) ebenfalls viele Freiheiten, was dazu führt, dass ich meistens eher auf der Suche nach neuen Dingen bin, als mich zu überarbeiten. Grundsätzlich nehme ich diese Eigenverantwortung als äußerst positiv wahr – doch wird der mir gegebene Freiraum dadurch eingeschränkt, dass alles sehr hierarchisch sowie bürokratisch abläuft und somit das permanente Warten auf die Zustimmung meiner Chefin, die ihr Hauptbüro in Montpellier hat, wirklich selbstständiges Arbeiten verhindert. Als Beispiel sei hier die im letzten Monat beschriebene Übersetzung der Pressebroschüre zu nennen, die noch immer nicht verschickt werden konnte, da sie unberührt auf meinem Schreibtisch auf ihre „validation“ wartet. Dieser Fall verdeutlicht gleich in mehreren Aspekten meine bisherigen Erfahrungen aus dem Inneren der französischen öffentlichen Verwaltung, zu der das Projekt des Mémorials mit der Region Languedoc-Roussillon als Träger gehört. So hat die enorme Bürokratie in Verbindung mit den hierarchischen Strukturen aus meiner Sicht vor allem zur Folge, dass jegliche Abläufe sehr, sehr viel Zeit in Anspruch nehmen und den Mitarbeitern der Ansporn zu Engagement und Eigeninitiative genommen wird.

Zudem befindet sich das Mémorial aktuell in einer langen Phase des Übergangs, die für viele Unsicherheiten mit Blick auf die Zukunft sorgt. Denn nachdem das Gedenkstättenprojekt 2012 vom Conseil Général (Departement) auf den Conseil Régional (Region) übertragen wurde, wird es von Letzterem in diesem Jahr wieder ausgegliedert und zu einer autonomen öffentlichen Einrichtung umstrukturiert.

Die Atmosphäre im kleinen Büro des Mémorials ist alles in allem dennoch angenehm, ich verstehe mich gut mit meinen Kollegen und bin somit glücklich mit meinem Projekt.

Dies gilt ohne Zweifel auch für mein sonstiges Leben in Perpignan. Die lokale Kultur und Lebensweise mag ich sehr gerne und hatte daher keine Probleme, mich nach meiner Ankunft einzugewöhnen. Mit meiner Wohnung bin ich zufrieden und obgleich es anfangs eine große Umstellung war, alleine zu leben, komme ich damit inzwischen gut klar.

Mein Rückblick auf die vergangenen sechs Monate zeigt mir, wie viel Interessantes und Aufregendes ich erlebt, wie viele nette Menschen ich getroffen und wie viele schöne Orte ich bisher im Rahmen meines Freiwilligendienstes gesehen habe. Folglich hoffe ich, dass auch der zweite Teil zu einer solch erfahrungsreichen Zeit wird.